Unglücklich über die Verhältnisse

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Longchen Rabjam

Longchen Rabjam

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Unglücklich über die Verhältnisse[1]

Ein akrostisches Gedicht

von Longchen Rabjam

Oṃ svasti siddhaṃ!
Jene, die sich auf euch verlassen, erlangen die Schatzkammer der völligen Befreiung;
ihr seid die Basis, auf der vollkommenes Wissen und Freiheit entstehen,
die einzigen wahren Freunde, die allen Wesen Tugend und Güte bringen:
Erhabene versammelte Saṅgha, lauscht bitte diesen wenigen Versen.

Allen Rākṣasa-Dämonen gleich, die das Kaliṅka-Land durchstreifen:
Banditen sind diese Khampa-Stämme im Land des Schnees,
Chaos anrichtend in den Städten und Orten, die sie aufsuchen,
Diese gierigen und aggressiven Aufschneider – habt ihr sie gesehen?

Erregbar und von Natur aus rüpelhaft, diese Banden von Khampas,
Flüchtig, hier und da und überall, immer auf dem Sprung,[2]
Genießen Tee und Alkohol und schlachten Kreaturen und
Haben den Lebensstil von Fischern – habt ihr sie gesehen?

Imitieren Tiger oder Leoparden, die durch Palmenhaine streifen,
Jovial verkehren sie in schäbigen Kneipen und Räuberhöhlen,
Kippen sich Eidechsengebräu in den Schlund, entflammt von Leidenschaft,
Lüsternd nach jungen Frauen – habt ihr sie gesehen?

Miefend wie ein Garten voller verfaultem Gemüse,[3]
Nach Alkohol, Knoblauch und Zwiebeln stinkend,
Ohne Einsicht, was sauber und unrein ist, wie Vieh,
Prekäre Manieren haben diese Khampa-Bestien – habt ihr sie gesehen?

Quasi sofort ergreifen sie die Flucht, sobald ein Konflikt entsteht; treten den
Rückzug an wie nächtliche Kreaturen, die der erste Sonnenstrahl berührt.
So ähnlich wie jene im winzigen Königreich Jaradangra,[4]
Tun so wie ein Fuchs, der flüchtet – habt ihr sie gesehen?

Unnötig tragen sie Helme auch an harmlosen Orten,
Vergreifen sich gewalttätig an Bewohnern, um ihren Appetit zu stillen,[5]
Während sie sogar offen zugeben: „Wir sind ohne Scham.“
EXtraordinär diese ungehobelten Khampas – hast du sie gesehen?

HYpersüchtig danach, Ziegen, Schafe, Rinder und andere Tieren zu schlachten,
Zischen sie über Pässe, durch Flüsse und Schluchten, um Dörfer zu plündern.
Ah, schaut sie nur an, diese fleischessenden, Alkohol saufenden Frauenhelden!
Habt ihr sie gesehen, diese Plünderer der Lehren dieser Welt?

Solch verhängnisvolle, absurde und unerhörte Methoden sind für unsere Khampa-Brüder
eine Form von Studium, Kontemplation und Meditation!

Diese Verse, die auf den [sechundzwanzig] Buchstaben des Alphabets beruhen,[6]
habe ich an den Straßenkreuzungen befestigt, als ich von meinem Wohnsitz vertrieben wurde.

Ngakgi Wangpo von Samye hat dies in Sangphu Neuthog verfasst. Möge es als Ursache für die Verbreitung von Tugend und Vortrefflichkeit dienen!


| Englische Übersetzung (mit dichterischer Freiheit) von Adam Pearcey,[7] 2022. Deutsche Übersetzung Daniel Dastagir, 2024. Lektorat Karin Behrendt.


Bibliographie

Tibetische Ausgabe

dri med 'od zer. „rkyen la khams 'dus ka kha sum cu/“ in gsung thor bu/_dri med 'od zer/(sde dge par ma/). 2 Bde. Paro, Bhutan: Lama Ngodrup und Sherab Drimey, 1982. Bd. 1: 211-212

Sekundärquellen

Arguillère, Stéphane. Profusion de la vaste sphere: Klong-chen rab-’byams (Tibet, 1308–1364). Sa vie, son œuvre, sa doctrine. Leuven: Peeters Publishers, 2007.

Tsumagari, Shinichi. Meaningful to Behold: A Critical Edition and Annotated Translation of Longchenpa’s Biography. Create Space, 2016.

Van Schaik, Sam. „The Brilliant Scholar and the Scurrilous Letter“, Early Tibet, abgerufen am 12. Januar 2022, https://earlytibet.com/2010/05/25/longchenpa-and-the-scurrilous-letter/


Version: 1.0-20240116


  1. Dieses Gedicht ist ein Gegenstück zu einem anderen Gedicht mit dem Titel „Unglücklich über die Ursachen: Mit einer Blumengirlande“ (rgyu la khams 'dus pa me tog gi phreng ldan), das diesem in der Sammlung „Verschiedene Schriften“ (gsung thor bu) vorausgeht, man sollte den Titel also in diesem Kontext verstehen. Der Titel ist auch ein Wortspiel, denn der Begriff, der hier mit „unglücklich“ (khams 'dus pa) übersetzt wurde und Krankheit, Unbehagen, Irritation oder sogar Verstopfung oder Blutwallung bedeuten kann, enthält das Wort für Kham (khams).  ↩

  2. Der Begriff cha'o ist hier unklar, und darum ist die Übersetzung hier vorläufig – noch mehr als bei den anderen Zeilen.  ↩

  3. pa nas könnte sich auch auf eine Form von Gerste beziehen.  ↩

  4. Der Bezug hier ist unklar.  ↩

  5. Hier enthält das Tibetische den zweideutigen Begriff za ma, der sowohl Essen als auch Frauen bedeuten kann, daher die Übersetzung „Appetit“, die ebenso zweideutig ist.  ↩

  6. Im Tibetischen „dreißig“.  ↩

  7. Die Übersetzung wurde mit freundlicher Unterstützung von Alak Zenkar Rinpoche gemacht, die alleinige Verantwortung für eventuelle Fehler tragen jedoch die Übersetzer.  ↩

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