Rezitations-Handbuch für Dukngal Rangdrol

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Jamyang Khyentse Wangpo

Avalokiteśvara, der Große Mitfühlende

Rezitations-Handbuch für die „Natürliche Befreiung des Leidens“

von Jamyang Khyentse Wangpo

Oṃ svasti.

Die Erklärung, wie man die Rezitation der Annäherung für den Großen Mitfühlenden, „die natürliche Befreiung des Leidens“ praktiziert, umfasst 1) wie man die Annäherungsphase für sich allein praktiziert und 2) wie man Annäherung, Errungenschaft und Aktivitäten zusammen praktiziert.

1. Wie man die Annäherungsphase für sich allein praktiziert

Finde eine kleine Meditationshütte an einem abgeschiedenen Ort und beginne, indem du diese reinigst. Stelle angemessene Repräsentationen von Körper, Sprache und Geist des Großen Mitfühlenden auf, wie zum Beispiel eine Statue oder ein Abbild. Falls du nur die Annäherungsphase praktizierst, wäre es kein Fehler, keine Repräsentation für die Front-Visualisierung aufzustellen. Richte sorgfältig die Amṛta-Medizin, Rakta und Torma her, zusammen mit den üblichen Opfergaben, angefangen mit den zwei Arten von Wasseropfern.

Führe am Nachmittag eines astrologisch günstigen Tages die vorbereitenden Praktiken sowie Zuflucht, Bodhicitta und das Sieben-Zweige-Opfer aus dem Aktivitäts-Handbuch aus. Bringe den acht Klassen das weiße Torma sowie den goldenen Trank (gser skyems) dar. Dann visualisiere dich selbst als Hayagrīva und segne das Torma für die hinderlichen Kräfte, bringe es ihnen dar und bringe es nach draußen. Bringe unmittelbar danach die Liste oder den Schrein für die Großen Könige (rgyal tho) am Eingang an (ausführlich oder einfach, so wie es angemessen ist). Wenn du wieder hineingehst, rezitiere [den Text für] den Schutzkreis und so weiter bis einschließlich des Lobpreises. Bringe nach einer angemessenen Anzahl von Rezitationen die „Opfergaben und Lobpreis“ dar und rezitiere das Gebet mit dem Namen „Die Vision“, gefolgt vom Bekennen von Fehlern, bis einschließlich des Gebets der Glücksverheißung [wie sie] in den Abschnitten des Aktivitäts-Handbuchs [beschrieben werden].

Beginne in der Abendsitzung wie zuvor mit der Rezitation des Aktivitäts-Handbuchs, angefangen mit Zuflucht und Bodhicitta. Von nun an ist es nicht notwendig, den hinderlichen Kräften ein tatsächliches Torma darzubringen. Du kannst das Segnen des Tormas mit oṃ āḥ hūṃ weglassen und auch die Zeile:

Nehmt diese Torma-Gabe der Sinnesfreuden an.

Rezitere ab dem folgenden Tag das Aktivitäts-Handbuch in vier Sitzungen: In der Morgendämmerung, am Vormittag, Nachmittag und Abend. Rezitiere hauptsächlich das Sieben-Silben-Mantra; es reicht aus, von den Mantras der vier Gebieterinnen jeweils nur eine Mālā zu rezitieren.

Du kannst die Dauer deines Retreats der Annäherungsphase anhand von Zahlen bestimmen oder anhand von Zeit (hierbei sollten es vierzig Millionen Rezitationen sein) oder basierend auf Zeichen (dies wird im Haupttext erklärt). Welche der [drei] Möglichkeiten du wählst, sollte am besten deinen geistigen Fähigkeiten entsprechen. In jedem Fall rezitierst du, nachdem du mit dem Haupt-Mantra der Annäherungsphase zu Ende gekommen bist, hauptsächlich die Mantras der vier Gebieterinnen. Du solltest jedes ihrer Mantras ein Zehntel so oft wie die Gesamtsumme der Rezitation des Haupt-Mantras der Annäherung rezitieren.

Bereite am Abend vor dem geplanten Ende deines Retreats neue Festopfer-Tormas vor. Stehe früh am Morgen auf und rezitiere das Aktivitäts-Handbuch bis einschließlich der Festopfergabe und der Praxis der Erfüllung. Reinige jegliche Abweichungen und Fehler durch das Rezitieren des Höchsten, unbeschreiblichen Bekenntnisses und des Hundert-Silben-Mantras. Segne die Errungenschaftssubstanzen mit dem entsprechenden Abschnitt des Aktivitäts-Handbuchs. Rufe den Weisheitsgeist der Gottheiten an, indem du am Ende ihrer Mantras kāya vāka citta a la la siddhi phala hūṃ anfügst und sie dann einhundert- oder eintausend Mal rezitierst. Wenn der Morgen aufdämmert, praktiziere das „Darbringen von Opfergaben und Lobpreis“ und rufe dann die Errungenschaften herbei, indem du den Abschnitt rezitierst, der beginnt mit:

Hūṃ! Gottheiten des Maṇḍala des Großen Mitfühlenden,
unsere Samaya-Verpflichtung der Rezitation und Praxis…

Falls du ein Errungenschafts-Torma vor dir hast, visualisiere es als die Gottheit. Falls du kein separates Errungenschafts-Torma hast, visualisiere das Torma aus [der Reihe] von Amṛta-Medizin, Rakta und Torma in einem Augenblick als die Gottheit und berühre damit deine drei Plätze. Stell dir vor, dass das essbare Torma die Errungenschaft ist, nimm ein kleines Stück davon zu dir und genieße das Festopfer (das zuvor beiseitegestellt wurde). Führe die Restopfergabe aus mache weiter bis einschließlich des Darbringens des Tormas und des Tanzes, entsprechend dem Aktivitäts-Handbuch. Dann praktiziere „Opfergabe und Lobpreis“, bekenne deine Fehler und mache weiter bis einschließlich des Gebets der Glücksverheißung. Falls du ein Feueropfer darbringst, praktiziere es zwei oder drei Tage lang. Du kannst dafür entweder die Worte der Feueropfergabe für den friedvollen und zornvollen Vidyādhara[1] oder die der Feueropfergabe für die weibliche Praxis[2] benutzen und sie anpassen. Falls du keine Feueropfergabe ausführst, rezitiere das Hundert-Silben-Mantra viele Male mit der Absicht, jegliche Hinzufügungen oder Auslassungen während der Mantra-Rezitation wiedergutzumachen.

Dann öffne nach und nach die Grenze, indem du zum Dank eine Torma-Gabe für den Schrein der Könige vorbereitest und sie darbringst, während du Fehler bekennst und sie aufforderst zu gehen.

Falls du beschließt, das Tsok-Fest zu praktizieren, mache das ohne Anhaftung jeden Tag am Ende der Nachmittagssitzung. Falls dir das nicht möglich ist, reicht es aus, das Tsok-Fest an heiligen Tagen wie dem zehnten Tag des zunehmenden und abnehmenden Mondes zu praktizieren.

Falls du ein gemäß den Abbildungen angefertigtes Errungenschafts-Torma hast, stelle es auf die obere Ebene des Schreins. Erzeuge die Selbst- und Front-Visualisierungen als untrennbar. Platziere davor, auf einer anderen Ebene des Schreins, in der üblichen Weise angefertigte Amṛta-Medizin, Rakta und Torma. Stelle die allgemeinen Opfergaben in einer Reihe vor ihnen auf. Es ist kein gravierender Fehler, wenn du es dir nicht möglich ist, ein Errungenschafts-Torma anzufertigen; die allgemeinen Opfergaben, Amṛta-Medizin, Rakta und Torma, reichen aus.

Die Bedeutung der Worte des Aktivitäts-Handbuchs kann man durch den Kommentar zu den schwierigen Punkten verstehen, und hinsichtlich des Verhaltens während des Retreats – was zu tun oder zu unterlassen ist und so weiter – sollte man den allgemeinen Gepflogenheiten für die Rezitation der Annäherung folgen.

2. Wie man Annäherung, Errungenschaft und Aktivitäten zusammen praktiziert

Die Art und Weise, wie man Annäherung, Errungenschaft und Aktivitäten zusammen praktiziert, entspricht den Visionären Anweisungen;[3] es könnte allerdings schwierig sein, die Errungenschaftssubstanzen in kurzer Zeit zusammenzutragen, so zum Beispiel den Seelenstein (bla rdo) oder das Lebenskraft-Chakra (srog 'khor). Darüber hinaus kann die Weise, wie man chantet und so weiter, nur durch präzise mündliche Anleitung erlernt werden; es ist nicht möglich, dies in wenigen Worten zu erklären. Daher ist es am besten, zu Beginn allein die Annäherungsphase zu praktizieren, wie oben deutlich erklärt wurde, und zu einem späteren Zeitpunkt schrittweise Annäherung, Errungenschaft und Aktivitäten auf ausführliche Weise durchzuführen.

Maṅgalam!

| Englische Übersetzung Han Kop, editiert von Barry Cohen für das Longchen Nyingtik Project, 2022. Deutsche Übersetzung Sushma Baumgartner 2022, lektoriert von Erika Bachhuber und Karin Behrendt.


Bibliographie

Tibetische Texte

'jam dbyangs mkhyen brtse'i dbang po. „thugs rje chen po sdug bsngal rang grol gyi bsnyen pa bya tshul“ In* 'jigs med gling pa mkhyen brtse 'od zer (et al). klong chen snying thig rtsa pod*. 5 Bände. Bodhnath, Kathmandu and Bodhgaya, Bihar: Shechen Publications, 1994 (BDRC W1KG13585). Band 4: 178-181.

'jam dbyangs mkhyen brtse'i dbang po. „thugs rje chen po sdug bsngal rang grol gyi bsnyen pa bya tshul“ in gsung 'bum/_mkhyen brtse'i dbang po. 24 Bände. Gangtok: Gonpo Tseten, 1977–1980 (BDRC W21807). Band 15: 538-541.


Version: 1.0-20220708


  1. Weisheitsflammen: Eine friedvolle Feueropfergabe für die friedvollen und zornvollen Vidyādhara-Praktiken (rig 'dzin zhi drag gi sgo nas / zhi ba'i sbyin sreg ye shes me lce).  ↩

  2. Hier kann man auf Khyentse Wangpos eigene Anmerkungen zurückgreifen, Anweisungen dazu, wie man die Feueropfergabe für die „Versammlung der Gewahrseins-Halter“ und die „Natürliche Befreiung des Leidens“ praktiziert, basierend auf dem Feueropfer der weiblichen Praxis. Siehe 'jam dbyangs mkhyen brtse'i dbang po. „yum bka'i me mchod gzhir bzhag nas rig 'dzin dang thugs rje chen po la kha bsgyur ba'i tshul“ in 'jigs med gling pa mkhyen brtse 'od zer (et al). klong chen snying thig rtsa pod. 5 Bände. Bodhnath, Kathmandu und Bodhgaya, Bihar: Shechen Publications, 1994 (BDRC W1KG13585). Band 4: 172–174.  ↩

  3. „Die Visionären Anweisungen, die die Kernanweisungen offen legen, aus dem ‚Großen Mitfühlenden, der natürlichen Befreiung des Leidens’“ (thugs rje chen po sdug bsngal rang grol las/ pra khrid dmar byang gnad yig).  ↩

Im Vajrayāna-Buddhismus unterliegen bestimmte Texte der Einschränkung, dass nur jene sie lesen und praktizieren dürfen, die die erforderlichen Ermächtigungen, Übertragungen und Anweisungen dafür erhalten haben.

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie berechtigt sind, einen bestimmten Text zu lesen oder zu praktizieren, erkundigen Sie sich bitte bei einem qualifizierten Linienhalter.

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